Der Oberelsbacher Klosterkomponist Valentin Rathgeber gilt als die bedeutendste Persönlichkeit unter den Kleinmeistern des Spätbarocks. Das gilt sowohl hinsichtlich der Produktivität als auch der Praktikabilität seines gedruckten Œuvres. Innerhalb von kurzer Zeit war Rathgeber und sein evangelischer Verleger Johann Jakob Lotter aus Augsburg die erste Adresse für Kirchenmusik katholischer Provenienz in Süddeutschland.
Rathgebers marktbeherrschende Position führte jedoch dazu, dass die übrigen mainfränkischen Kleinmeister zur Zeit Rathgebers kaum zum Zuge kommen konnten. Auf den folgenden Seiten sollen vor allem diejenigen mainfränkischen Klostermusiker und -komponisten in den Blick genommen werden, die aus dem näheren Einzugsbereich der Rhön stammten. Nur das Gebiet des ehemaligen Hochstiftes Würzburg kann hier berücksichtigt werden. Da aufgrund von Säkularisation und klösterlicher Nachlässigkeit viele Werke verloren gegangen sind, kann man die Qualität und Produktivität dieser Komponisten kaum noch adäquat beurteilen.
P. Cajetan Bonfig wurde am 28. September 1730 in Unsleben als Johannes Petrus Bonfig den Eheleuten Petrus und Elisabeth Bonfig geboren. In den Jahren 1743 bis 1748 studierte er am Augustinergymnasium in Münnerstadt und war dort zeitweise Consultor bzw. Präfekt der Schülersodalität. Am 24. Oktober 1749 feierte er Profess im Augustinerkloster von Münnerstadt und nahm den Ordensnamen Cajetan an. Danach wechselte er als Novize nach Oberndorf, wo er bereits als Organist eingesetzt wurde. Spätestens ab dem Jahr 1752 studierte Fr. Cajetan in Mainz Theologie. Am 22. Dezember 1753 wurde er schließlich zum Priester geweiht. Im Augustinerkonvent von Mainz wirkte er fortan als Beichtvater, Prediger, Terminarius und Prokurator. Bonfig verstarb in Mainz am 26. Januar 1797.
Werkverzeichnis:
handschriftlich:
Arien, Menuette, Fugati
P. Felix Gaß wurde in Neustadt/Saale am 8. August 1715 als erstes Kind den Eheleuten Johannes und Susanna Margaretha Gaß, geborene Hundertpfundt, geboren und auf den Namen Georg Anton getauft. Sein Vater Johannes Gaß war Angestellter des Hochstiftamts in Neustadt.
Nach Besuch des Augustinergymnasiums feierte Gaß am 6. November 1733 Profess im Augustinerkloster Münnerstadt. Im folgenden Jahr wechselte er in den Augustinerkonvent von Uttenweiler, wo er ein Studium der Moraltheologie aufnahm. Vermutlich kehrte er nach dem Studium wieder in sein Heimatkloster nach Münnerstadt zurück. Von dort wurde Fr. Felix im Juni 1737 nach Freiburg/B. geschickt. Am 28. März 1739 wurde Gaß zum Priester geweiht.
Im Jahr 1740 wirkte Gaß als Beichtvater und Organist im Augustinerkonvent von St. Moritz in Fribourg/CH. Spätestens im Jahr 1743 wechselte Gaß wieder nach Freiburg/B. In Freiburg/B. hatte Gaß die Positionen eines Beichtvaters und Organisten inne.
Gaß starb am 20. Februar 1752 im Alter von nur 36 Jahren an einem Lungenkatarrh, der zur Erstickung führte. Alle Quellen bezeichnen ihn als einen hervorragenden Organisten und gefeierten Komponisten. Außerdem war er ein religiöser und tiefgläubiger Mensch. Der Münnerstädter Prior schreibt über ihn:
„Seine musikalischen Fähigkeiten im Orgelspiel waren gründlich ausgebildet und er als vorzüglicher Organist bekannt. Er wurde leider im blühenden Mannesalter dem Musikchor auf Erden entrissen und dem Musikchor im Himmel als heiliger Sänger auf ewig beigesellt.“
Gaß war zur Zeit der Drucklegung seines einzig erhaltenen Werkes Organist in Freiburg/B. Das leider undatierte Werk wird wohl nach der Rückkehr aus Fribourg/CH, also zwischen 1743 und 1745 entstanden sein. Das Werk mit Schlagarien für das Tasteninstrument trägt den barocken Titel „David ludens ad arcam Dei“ (= „David spielt vor der Gotteslade“) und wurde in Augsburg vom evangelischen Musikverleger Johann Christian Leopold d.Ä. (1699–1755) herausgebracht [RISM G 469]. Es handelt sich bei dieser Sammlung, die ganz der Klaviersatzweise verbunden ist, um 30 Arien für das Tasteninstrument. Die Unbekümmertheit, mit der hier Gaß Lied- und Tanzsätze für den gottesdienstlichen Gebrauch verwendet, bezeugt die spätbarocke Sinnenfreude und Weltoffenheit. Der leichten Spielbarkeit halber hat er auf Alt- und Tenorstimmen verzichtet. Neben diesem gedruckten Werk belegt der Nekrolog weitere Kompositionen: 12 Messen, 12 Offertorien und 24 Concerti. Diese handschriftlichen Kompositionen sind leider bislang verschollen. Darüber hinaus hat Gaß im Jahr 1746 eine kurze Anleitung zum Choralgesang veröffentlicht.
Der Rhöner Augustinereremit P. Felix Gaß hinterließ insgesamt ein sehr interessantes Erbe, das in Zukunft von Musikliebhabern und Musikwissenschaftlern neu entdeckt werden sollte.
Werkverzeichnis:
30 Schlagarien
handschriftlich/verschollen:
12 Messen, 12 Offertorien und 24 Concerti
Georg Joachim Joseph Hahn wurde am 24. Juli 1712 in Münnerstadt geboren und getauft. Nach dem Besuch des Augustinergymnasiums in den Jahren 1725–1730 war er sechs Jahre wahrscheinlich als Schreiber im Juliusspital von Würzburg beschäftigt, bis er wieder nach Münnerstadt zurückgekehrt ist. In seiner Heimatstadt wirkte er als Chori Rectore an der Stadtpfarrkirche St. Magdalena, als Rektor der Lateinschule sowie als Raths-Verwandther bzw. Senator im Stadtrat. Der Schwerpunkt seiner kompositorischen Arbeit lag in der Geistlichen Vokalmusik. Darüber hinaus hat er sich auch als Generalbasstheoretiker einen Namen gemacht. Hahn starb in Münnerstadt am 21. Januar 1772. Der Sterbeeintrag hebt hervor, dass er 36 Jahre lang mit bester Erfahrung und unermüdlich als Rektor der Lateinschule und den chori musici vorstand. Zu seinen Schülern zählten neben dem bedeutenden Rhöner Klosterkomponisten P. Alexius Molitor aus Simmershausen, P. Cajetan Bonfig, P. Alexius Johann, P. Johannes Evangelista Ortloff und P. Coelestin Wüst.
Werkverzeichnis:
165 Geistliche Arien, 22 Antiphonen, 16 Versetten, 14 Messen, 10 Praeambeln, 3 Vespern, 2 Sonaten
Der Augustinereremit P. Alexius Johann wurde am 1. November 1753 in Steinach als Johannes Nikolaus Johann den Eheleuten Michael und Anna Johann geboren. In den Jahren 1769 bis 1773 studierte er am Augustinergymnasium in Münnerstadt und war dort zeitweise Organist, Consultor bzw. Präfekt der Schülersodalität. Am 14. August 1774 feierte er Profess im Augustinerkloster Münnerstadt und nahm den Ordensnamen Alexius an. Zunächst studierte er Philosophie in Münnerstadt. Danach wechselte er nach Freiburg/B., wo er im Zeitraum 1775 bis 1778 Theologie studierte. Angeblich studierte er in Freiburg, wo er als Organist und Komponist tätig war, auch Musik. Bereits während seiner Studienjahre in Münnerstadt und Freiburg/B. wurde er als Organist eingesetzt. Am 21. September 1777 wurde er zum Priester geweiht. Spätestens im Jahr 1783 ging er nach Mainz, wo er fortan als Beichtvater, Prediger und Professor des zweiten, später auch des dritten Jahrgangs wirkte. Im Schuljahr 1792 bis 1793 war er Lehrer am Klostergymnasium in Münnerstadt. Nach der Säkularisation war Johann bis zum Jahr 1809 Privatgeistlicher in Mainz und danach bis 1821 Pfarrer von Heidenheim. Schließlich war er danach Domvikar in Mainz, wo er am 28. Juli 1826 verstarb.
Werkverzeichnis:
handschriftlich:
1 Requiem
handschriftlich/verschollen:
Messen, Vespern, Opern, 1 Schultheater